Ist eine Kündigung ausgesprochen worden, weil die Arbeitnehmerin sich einer Behandlung zur Befruchtung außerhalb des Körpers (In-vitro-Fertilisation) unterzogen hat, verstößt das gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG iVm. §§ 1, 3 AGG.
Das mutterschutzrechtliche Kündigungsverbot bei einer In-vitro-Fertilisation greift bereits ab dem Zeitpunkt der Einsetzung der befruchteten Eizelle (sog. Embryonentransfer) und nicht erst mit ihrer erfolgreichen Einnistung (Nidation).
Mit dieser Begründung hat das Bundesarbeitsgericht in dem hier vorliegenden Fall die Kündigung als unwirksam angesehen. Eine seit Februar 2012 Angestellte in einer Versicherungsvertretung hatte am 14. bzw. 15. Januar 2013 ihrem Arbeitgeber mitgeteilt, einen seit Jahren unerfüllten Kinderwunsch zu hegen und nun ein erneuter Versuch einer künstlichen Befruchtung anstehe. Am 24. Januar fand der Embryonentransfer statt. Daraufhin sprach der Arbeitgeber am 31. Januar 2013 – ohne behördliche Zustimmung – eine ordentliche Kündigung aus und besetzte die Stelle wieder mit einer älteren Arbeitnehmerin. Bei der Klägerin wurde am 7. Februar 2013 eine Schwangerschaft festgestellt, über die sie ihren Arbeitgeber am 13. Februar 2013 informierte.
Gerade in der Zeit der Schwangerschaft und der Geburt ist Vieles zu regeln und zu organisieren. Dabei soll durch die Vorschriften des gesetzliche Mutterschutzes den Frauen ein gewisses Maß an Sicherheit zukommen. Die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehende (werdende) Mutter und ihr Kind soll vor Gefährdungen der Gesundheit sowie vor Überforderung am Arbeitsplatz, vor finanziellen Einbußen und vor dem Verlust des Arbeitsplatzes während der Schwangerschaft und einige Zeit nach der Geburt geschützt werden. Es ist zwar allgemein bekannt, dass ein Mutterschutz existiert – aber nicht immer kennen die Betroffenen ihre damit verbundenen Rechte. Liegen dann noch spezielle Besonderheiten der Schwangerschaft vor, fehlt es im Fall einer Kündigung oftmals an den notwendigen Informationen, um darauf besonnen und richtig reagieren zu können. Wer sich dieser Situation nicht gewachsen fühlt, sollte sich professionellen Rat suchen. Besonders Rechtsanwälte, die sich auf das Arbeitsrecht spezialisiert haben, können einer Schwangeren bei rechtlichen Problemen helfen. Unabhängig vom Wohnort der Betreffenden kann die Mandatierung eines Fachanwalts in Berlin genauso hilfreich sein wie z.B. der Besuch der Arbeitsrechtskanzlei Kupka & Stillfried in München.
In diesem Fall hat sich die Schwangere gegen die Kündigung gewehrt und das Sächsische Landesarbeitsgericht1 hat ihr Recht gegeben. Gegen dieses Urteil hat sich der beklagte Arbeitgeber mit der Revision gewehrt.
In seiner Urteilsbegründung hat das Bundesarbeitsgericht explizit zum Ausdruck gebracht, dass der Mutterschutz einen hohen Rang genießt. So soll das Kündigungsverbot in § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG die schwangere Arbeitnehmerin vor der Gefahr schützen, die die Möglichkeit einer Entlassung für ihre psychische und physische Verfassung darstellt, wie schon der Gerichtshof der Europäischen Union2 festgestellt hat. Diesen besonderen Kündigungsschutz des § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG genoss die Klägerin bei Zugang der Kündigung wegen des zuvor erfolgten Embryonentransfers. Im Fall einer Schwangerschaft aufgrund einer Befruchtung außerhalb des Körpers beginnt der besondere Kündigungsschutz mit der Einsetzung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter (Embryonentransfer) und nicht erst mit ihrer Einnistung (Nidation).
Die Kündigung verstößt nach Meinung des Bundesarbeitsgerichts zudem gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG iVm. §§ 1, 3 AGG. Der EuGH hat in seinem Urteil entschieden, es könne eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts vorliegen, wenn eine Kündigung hauptsächlich aus dem Grund ausgesprochen werde, dass die Arbeitnehmerin sich einer Behandlung zur In-vitro-Fertilisation unterzogen habe. Im Streitfall durfte das Landesarbeitsgericht nach den gesamten Umständen davon ausgehen, dass die Kündigung wegen der (beabsichtigten) Durchführung einer solchen Behandlung und der damit einhergehenden Möglichkeit einer Schwangerschaft erklärt wurde.
Aus diesen Gründen ist die Kündigung unwirksam. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts ist zurückgewiesen worden.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. März 2015 – 2 AZR 237/14