Kin­der­gär­ten und Kin­der­ta­ges­be­treu­ung – und die Anfor­de­run­gen des Mutterschutzes

Bei der Beschäf­ti­gung wer­den­der oder stil­len­der Müt­ter hat der Arbeit­ge­ber unab­hän­gig vom Umfang der Beschäf­ti­gung die Vor­schrif­ten des Mut­ter­schutz­ge­set­zes sowie der Ver­ord­nung zum Schut­ze der Müt­ter am Arbeits­platz zu beach­ten. Die hier­aus für den Außen­dienst typi­scher­wei­se zu beach­ten­den Punk­te haben wir – ohne Anspruch auf Voll­stän­dig­keit im Ein­zel­fall – nach­fol­gend zusam­men gestellt.

Ist eine den Anfor­de­run­gen des Mut­ter­schut­zes ent­spre­chen­de Gestal­tung der Arbeits­be­din­gun­gen nicht mög­lich oder wegen unver­hält­nis­mä­ßi­gen Auf­wan­des nicht zumut­bar, ist zu prü­fen, ob für die Zeit der Schwan­ger­schaft ein Arbeits­platz­wech­sel mög­lich ist. Ist auch dies nicht mög­lich oder nicht zumut­bar, besteht ein Beschäf­ti­gungs­ver­bot: Die schwan­ge­re oder stil­len­de Mut­ter darf so lan­ge nicht beschäf­tigt wer­den, wie dies zum Schut­ze ihrer Sicher­heit
und Gesund­heit erfor­der­lich ist, selbst dann nicht, wenn die wer­den­de Mut­ter ihre bis­he­ri­ge Tätig­keit fort­set­zen will.

Arbeits­zeit

Schwan­ge­re sowie stil­len­de Müt­ter dür­fen nach § 8 Abs. 1 MuSchG

  • nicht über 8½ Stun­den täg­lich (wobei als Arbeits­zeit die Zeit von der Abfahrt an der Woh­nung bis zur Heim­kehr rechnet),
  • nicht in der Nacht – auch nicht bei Abend­ver­an­stal­tun­gen! – also 
    • in den ers­ten vier Schwan­ger­schafts­mo­na­ten zwi­schen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr,
    • danach zwi­schen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr,

      und

  • nicht an Sonn- und Feiertagen

beschäf­tigt werden.

Heben und Tragen

Nach § 4 Abs. 1 und 2 MuSchG sowie § 6 Abs. 3 MuSchG dür­fen wer­den­de und stil­len­de Müt­ter nicht mit schwe­ren kör­per­li­chen Arbei­ten beschäf­tigt wer­den, ins­be­son­de­re auch nicht mit sol­chen Arbei­ten, bei denen

  • Las­ten
    • von mehr als 5 kg Gewicht regel­mä­ßig (mehr als zwei- bis drei­mal pro Stun­de) oder
    • von mehr als 10 kg Gewicht gele­gent­lich (weni­ger als zwei­mal pro Stunde)
  • ohne mecha­ni­sche Hilfs­mit­tel von Hand
  • geho­ben, bewegt oder beför­dert werden.

Wird die Last mit mecha­ni­schen Hilfs­mit­teln geho­ben, bewegt oder beför­dert, darf auch die kör­per­li­che Belas­tung der wer­den­den Mut­ter durch die Bedie­nung die­ser Hilfs­mit­tel nicht grö­ßer sein.

Ruhe­mög­lich­kei­ten

Erfor­dert die Tätig­keit von einer schwan­ge­ren Arbeit­neh­me­rin ein Ste­hen oder Gehen, so muss sie jeder­zeit die Mög­lich­keit haben, sich auf einer geeig­ne­ten Sitz­ge­le­gen­heit kurz­fris­tig auszuruhen.

Dar­über hin­aus sieht § 6 Abs. 3 Arbeits­stät­ten­ver­ord­nung vor, dass es schwan­ge­ren und stil­len­den Arbeit­neh­me­rin zu ermög­li­chen ist, wäh­rend der Pau­sen und soweit erfor­der­lich auch wäh­rend der Arbeits­zeit sich auf einer Lie­ge in einem geeig­ne­ten Raum hin­zu­le­gen und auszuruhen.

Kei­ne Alleinarbeit

Eine wer­den­de Mut­ter muss ihren Arbeits­platz jeder­zeit ver­las­sen kön­nen, wenn dies aus gesund­heit­li­chen Grün­den not­wen­dig ist.

Muss ein Arbeits­platz daher stän­dig besetzt sein, muss sicher­ge­stellt wer­den, dass für die umge­hen­de Ablö­sung der Schwan­ge­ren jeder­zeit eine Ersatz­kraft zur Ver­fü­gung steht. Kann dies nicht gewähr­leis­tet wer­den, darf die wer­den­de Mut­ter an die­sem Arbeits­platz nicht beschäf­tigt werden.

Schutz vor Biostoffen

Nach der Ver­ord­nung zum Schut­ze der Müt­ter am Arbeits­platz (Anl. 1 Abs. A Nr. 2) darf eine wer­den­de Mut­ter nicht mit bio­lo­gi­schen Arbeits­stof­fen der Risi­ko­grup­pe 2 bis 4 arbei­ten, soweit bekannt ist, dass die­se Arbeits­stof­fe oder durch sie im Krank­heits­fall beding­te the­ra­peu­ti­sche Maß­nah­men die Gesund­heit der schwan­ge­ren Arbeit­neh­me­rin und des unge­bo­re­nen Kin­des gefähr­den. Eben­falls aus­ge­schlos­sen für eine wer­den­de Mut­ter ist der Umgang mit Stof­fen, Zube­rei­tun­gen oder Erzeug­nis­sen, die erfah­rungs­ge­mäß Krank­heits­er­re­ger über­tra­gen kön­nen, wenn die Schwan­ge­re bei der Arbeit die­sen Krank­heits­er­re­gern aus­ge­setzt wäre. Dar­über hin­aus dür­fen schwan­ge­re Arbeit­neh­me­rin­nen gemäß §4 Abs. 2 Nr. 6 MuSchG nicht mit Arbei­ten beschäf­tigt wer­den, bei denen sie infol­ge ihrer Schwan­ger­schaft in beson­de­rem Maße der Gefahr, an einer Berufs­krank­heit zu erkran­ken, aus­ge­setzt sind oder bei denen durch das Risi­ko der Ent­ste­hung einer Berufs­krank­heit eine erhöh­te Gefähr­dung für die wer­den­de Mut­ter oder eine Gefahr für die Lei­bes­frucht entsteht.

Dies bedeu­tet für den Berufs­mä­ßi­gen Umgang mit Kin­dern aber eine Rei­he von Einschränkungen:

Kin­der­krank­hei­ten

Im Umgang mit Kin­dern gera­de im Vor­schul­al­ter besteht für Mit­ar­bei­te­rin­nen auf­grund des gehäuf­ten Auf­tre­tens von Kin­der­krank­hei­ten wie Mumps, Masern, Röteln, Wind­po­cken oder Rin­gel­rö­teln ein im Ver­gleich zur Durch­schnitts­be­völ­ke­rung etwa dop­pelt so hohes Risi­ko, sich mit die­sen Krank­heits­er­re­gern zu infi­zie­ren. Die­ses Risi­ko wird auch auf­grund des teil­wei­se engen Kör­per­kon­takts mit den zu betreu­en­den Kin­dern erhöht.

Hin­zu kommt, dass 10 – 30% aller Klein­kin­der – auch kli­nisch gesun­der Kin­der- bis zu 5 Jah­ren das Zyto­me­ga­lie­vi­rus im Urin aus­schei­den. Dies ist ver­stärkt bei Kin­dern bis zum Ende des drit­ten Lebens­jah­res des Fall, kann aber auch bei älte­ren Kin­dern ins­be­son­de­re bei Abwehr­schwä­che vor­kom­men. Das Zyto­me­ga­lie­vi­rus, das durch Kon­takt mit Urin (Win­del­wech­sel, Hil­fe beim Toi­let­ten­gang) und durch engen Kon­takt mit Spei­chel und Blut sowie durch Tröp­fen­in­fek­ti­on über­tra­gen wird, kann Erkran­kun­gen der Lei­bes­frucht hervorrufen.

Nicht ganz so häu­fig aber immer noch im rele­van­ten Umfang besteht für Beschäf­tig­te in vor­schu­li­schen Kin­der­be­treu­ungs­ein­rich­tun­gen die Gefahr einer Infek­ti­on mit Hepa­ti­tis B. Die­se wird durch Blut­kon­takt über­tra­gen, wie sie bei der Not­ver­sor­gung ver­letz­ter Kin­der ent­ste­hen kön­nen. Der­ar­ti­ge Tätig­kei­ten müs­sen daher in jedem Fall durch ande­re, nicht schwan­ge­re Betreue­rin­nen über­nom­men werden.

Beson­ders pro­ble­ma­tisch ist hier­bei die Gefahr einer Infek­ti­on der schwan­ge­ren Mit­ar­bei­te­rin­nen durch Erre­ger, die zu Schä­den beim unge­bo­re­nen Kind füh­ren kön­nen. Wäh­rend die­se Infek­ti­ons­ri­si­ko bei eini­gen Kin­der­krank­hei­ten wie Masern oder Wind­po­cken auf­grund des regel­mä­ßi­gen Auf­tre­tens eines kli­ni­schen Krank­heits­bil­des noch schnell (wenn auch nicht schnell genug) erkannt wer­den kann, ist dies bei ande­ren Erkran­kun­gen nicht der Fall. So ver­läuft etwa eine Zyto­me­ga­lie in ca. 90% aller Erkran­kun­gen ohne Sym­pto­me und bleibt daher viel­fach auch unbe­merkt. Und bei der Hepa­ti­tis B etwa lie­gen meist chro­ni­sche Infek­tio­nen ohne offen zu tage tre­ten­de Beschwer­den vor. Doch selbst wenn eine Infek­ti­on nach Auf­tre­ten des Krank­heits­bil­des etwa von Masern oder Wind­po­cken erkannt wird, ist dies oft­mals schon zu spät, da vie­le die­ser Erkran­kun­gen bereits vor dem Auf­tre­ten der Krank­heits­sym­pto­me anste­ckend sind.

Ande­re Erkran­kun­gen, wie etwa eine Keuch­hus­ten­er­kran­kung, füh­ren zwar nicht zu einer Schä­di­gung des Fötus, wohl aber kön­nen sie ein vor­zei­ti­ges Ein­set­zen von Wehen im Rah­men der krampf­ar­ti­gen Hus­ten­an­fäl­le auslösen.

In Säug­lings- und Klein­kin­der­pfle­ge­ein­rich­tun­gen sowie bei der Betreu­ung Behin­der­ter ergibt sich noch ein wei­te­res Gefähr­dungs­ri­si­ko durch erfor­der­li­che Beglei­tun­gen beim Toi­let­ten­gang, Win­del­wech­sel etc.

Auch ande­re Infek­ti­ons­krank­hei­ten, die durch Tröpf­chen­in­fek­ti­on über­tra­gen wer­den, kön­nen zu beruf­lich beding­ten Krank­hei­ten füh­ren. Vor­aus­set­zung dabei ist, dass das Infek­ti­ons­ri­si­ko am Arbeits­platz höher ist als das außer­be­ruf­li­che Risi­ko. Das Infek­ti­ons­ri­si­ko kann ins­ge­samt vor­über­ge­hend erhöht sein, z. B. bei einer Epi­de­mie (neue Influ­en­za A/H1N1 oder Ande­re). Wenn unter sol­chen Umstän­den am Arbeits­platz ein ver­gleichs­wei­se erhöh­tes Infek­ti­ons­ri­si­ko für die Schwan­ge­re oder ihr Kind besteht resul­tiert dar­aus ein Beschäftigungsverbot.

Für Mit­ar­bei­te­rin­nen soll­ten bereits vor der Schwan­ger­schaft Imp­fun­gen geg­ne Keuch­hus­ten, Diph­the­rie, Hepa­ti­tis A, Masern, Mumps, Röteln und Wind­po­cken vom Arbeit­ge­ber ange­bo­ten wer­den. Wird eine Beschäf­tig­te ohne aus­rei­chen­de Immu­ni­tät schwan­ger, bleibt nur die Frei­stel­lung die­ser Mit­ar­bei­te­rin von allen risi­ko­be­haf­te­ten Tätig­kei­ten. Ent­spre­chen­de Über­prü­fun­gen des Immu­ni­täts­sta­tus (IgG-Anti­kör­per) emp­feh­len sich im Rah­men der arbeits­me­di­zi­ni­schen Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen.

Liegt kei­ne aus­rei­chen­de Immu­ni­tät vor, so müs­sen geeig­ne­te Vor­sichts­maß­nah­men getrof­fen werden:

  • Ein Beschäf­ti­gungs­ver­bot bis zur 20. Schwan­ger­schafts­wo­che besteht für Schwan­ge­re ohne aus­rei­chen­den Immu­ni­täts­schutz gegen 
    • Röteln oder
    • Rin­gel­rö­ten
  • Ein Beschäf­ti­gungs­ver­bot wäh­rend der gesam­ten Schwan­ger­schaft besteht bei nicht aus­rei­chen­der Immu­ni­tät gegen 
    • Wind­po­cken
    • Masern
    • Mumps
  • Ein Beschäf­ti­gungs­ver­bot bei der Betreu­ung von Kin­dern bis zum voll­ende­ten 3. Lebens­jahr sowie das Erfor­der­nis geeig­ne­ter Schutz­maß­nah­men (Ein­hal­tung hygie­ni­scher Maß­nah­men, Ver­mei­dung enge­ren kör­per­li­chen Kon­takts, Schutz­hand­schu­he beim Risi­ko des Kon­tak­tes mit Kör­per­flüs­sig­kei­ten) auch bei der Betreu­ung älte­rer Kin­der besteht bei nicht aus­rei­chen­der Immu­ni­tät gegen 
    • Zyto­me­ga­lie CMV.
  • bei nicht aus­rei­chen­der
    Immu­ni­tät
  • Ein Beschäf­ti­gungs­ver­bot bei Tätig­kei­ten in Behin­der­ten­kin­der­gär­ten sowie das Erfor­der­nis wei­te­rer Schutz­maß­nah­men (z.B. Ver­mei­den von Blut­kon­tak­ten (Hand­schu­he!) etwa bei der Ver­sor­gung von Ver­let­zun­gen) besteht wäh­rend der gesam­ten Schwan­ger­schaft bei nicht aus­rei­chen­der Immu­ni­tät gegen 
    • Hepa­ti­tis B.
  • Ein befris­te­tes Beschäf­ti­gungs­ver­bot beim Auf­tre­ten der Erkran­kung bis drei Wochen nach dem Auf­tre­ten des letz­ten Erkran­kungs­fal­les in der jewei­li­gen Ein­rich­tung besteht bei nicht aus­rei­chen­der Immu­ni­tät gegen 
    • Keuch­hus­ten.

Auf­ent­halt im Frei­en – die Gefahr von Zeckenbissen

Wei­te­re Infek­ti­ons­ge­fah­ren für Schwan­ge­re erge­ben sich auch aus den Tätig­keit in der Kin­der­be­treu­ung, etwa bei einem häu­fi­gem Auf­ent­halt mit den Kin­dern im Frei­en. Je nach Wit­te­rungs­ver­lauf besteht in der Vege­ta­ti­ons­pe­ri­ode, ins­be­son­de­re im Früh­ling und im Früh­som­mer, eine erhöh­te Gefähr­dung durch Zecken­bis­se, im Herbst ist mit einer etwas gerin­ge­ren Gefähr­dung zu rech­nen. In den betrof­fe­nen Ende­mie­ge­bie­ten (ins­be­son­de­re also im süd­li­chen Hälf­te Deutsch­lands) kann sich hier­aus eine erhöh­te Gefahr von Früh­som­mer­me­nin­goen­ce­pha­li­tis (FSME) erge­ben. Dar­über hin­aus ergibt sich durch die Gefahr von Zecken­bis­sen aber auch eine erhöh­te Gefahr, mit den Erre­gern der Bor­re­lio­se infi­ziert zu wer­den, bei denen eine Über­tra­gung der Erre­ger auf den Fötus mög­lich ist. Etwa bei 30% der infi­zier­ten Schwan­ge­ren kann es zu Schä­di­gun­gen der Lei­bes­frucht kom­men, wobei die Wahr­schein­lich­keit einer Infek­ti­on zu Beginn der Schwan­ger­schaft am höchs­ten ist. Aus die­sem Grund dür­fen Schwan­ge­re nicht mit sol­chen Arbei­ten beschäf­tigt wer­den, bei denen ein Kon­takt mit Zecken wahr­schein­lich ist.