Dem Ehemann steht kein Anspruch auf Herausgabe befruchteter Eizellen seiner verstorbenen Ehefrau zu.
So hat das Oberlandesgericht Karlsruhe in dem hier vorliegenden Fall eines Klägers entschieden, der von einer Klinik die befruchteten eingefrorenen Eizellen seiner Ehefrau herausverlangt hat.
Von Eizellen im 2‑PN-Stadium wird gesprochen, wenn das männliche Spermium zwar bereits in die weibliche Eizelle eingedrungen ist, dort aber noch zwei Vorkerne (sog. Pronuklei) mit einem einfachen Chromosomensatz von Mann bzw. Frau vorhanden sind. Erst wenn sich die beiden Chromosomensätze zur ersten gemeinsamen Teilung zusammenfinden, liegt ein Embryo im Sinne des Embryonenschutzgesetzes vor.
Zwischen dem Ehepaar und der Klinik ist ein „Vertrag über die Kryokonservierung und nachfolgende Behandlung von Eizellen im 2‑PN-Stadium sowie deren Verwahrung” abgeschlossen worden. Nach diesem Vertrag ist eine Herausgabe der Eizellen nur an das Ehepaar gemeinsam möglich. Außerdem gibt es eine von dem Ehepaar gemeinsam unterzeichnete Erklärung, nach der eine Aufbewahrung eingefrorener Eizellen im Vorkernstadium über den Tod eines Partners hinaus nicht möglich ist. Embryonen, deren geplanter Transfer nicht stattfinden kann, sind nach Anrufen der Ethikkommission einzufrieren. Sollte ein Paar verstorben sein bzw. anderweitige Komplikationen auftreten, kann ein verbindliches Votum der Ärztekammer über weitere Maßnahmen bestimmen.
In dem hier vorliegenden Fall war eine schwere Erkrankung der früheren Ehefrau des Klägers Anlass für die Kryokonservierung der Eizellen, die etwa eineinhalb Jahre später an ihrer Krankheit verstarb. Während der Kläger mit der Herausgabe der Eizellen den gemeinsam mit seiner Frau gehegten Kinderwunsch erfüllen möchte, verweist die Klinik auf die Verbotsnormen des Embryonenschutzgesetzes. Außerdem sehe der abgeschlossene Vertrag eine solche Herausgabe nicht vor. Aus diesem Grund ist Klage erhoben worden.
Damit es – wie in diesem Fall – keine Schwierigkeiten bei der Herausgabe der befruchteten Eizellen kommt, ist es sinnvoll, vor dem Abschluss eines Vertrages mit der Klinik den Rat eines Rechtsanwalts für Familienrecht einzuholen. So können von Beginn an diverse Probleme umgangen werden und der Vertrag an die Bedürfnisse der Betroffenen angepasst werden. Hier hat das Landgericht Freiburg die Klage abgewiesen1. Sein Ziel hat der Kläger mit der Berufung weiter verfolgt.
In seiner Urteilsbegründung hat das Oberlandesgericht Karlsruhe darauf hingewiesen, dass der Vertrag ausdrücklich nur eine Herausgabe an beide Ehepartner vorsehe, was nach dem Tod eines Ehegatten nicht mehr möglich sei. Weiterhin stehe auch das berechtigte Interesse der beklagten Klinik einer nachträglichen Abänderung des Vertrages entgegen: Diese ginge das Risiko ein, sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Embryonenschutzgesetz strafbar zu machen. Darüberhinaus stehen dem Kläger keine Eigentumsansprüche zu, da er nicht Eigentümer der Eizellen im Vorkernstadium sei und die vertragliche Vereinbarung mit der Klinik einer Herausgabe entgegen stehe.
Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht Karlsruhe die Berufung des Klägers zurückgewiesen und gleichzeitig damit das Urteil des Landgerichts Freiburg bestätigt.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 17.Juni 2016 – 14 U 165/15
- LG Freiburg, Urteil vom 14.10.2015 [↩]