Die Baby­erst­aus­stat­tung

Die Mut­ter eines Neu­ge­bo­re­nen kann vom Job­cen­ter ver­lan­gen, eine Baby­bett­wä­sche zum Wech­seln zu zahlen.

So hat das Sozi­al­ge­richt Heil­bronn in dem hier vor­lie­gen­den Fall der Kla­ge einer Mut­ter statt­ge­ge­ben. Die 1977 in Heil­bronn gebo­re­ne Frau ist ita­lie­ni­sche Staats­an­ge­hö­ri­ge. Nach einem rund acht­mo­na­ti­gen Auf­ent­halt im Aus­land reis­te sie im Juli 2014 mit­tel­los und schwan­ger wie­der in die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ein und zog zunächst zu ihren Eltern nach Heil­bronn, wel­che ihre Toch­ter – die über kein eige­nes Auto ver­fügt – und ihren im Novem­ber 2014 gebo­re­nen Enkel regel­mä­ßig mit dem Kfz beför­dern. Das Heil­bron­ner Job­cen­ter bewil­lig­te ihr u.a. eine Baby­bett­wä­sche als sog. Erst­aus­stat­tung für die Geburt. Abge­lehnt wur­de aber die Kos­ten­über­nah­me für einen Auto­ba­by­sitz (sog. „Baby­safe“; 20€) und für eine zwei­te Baby­bett­wä­sche (25€). Dage­gen hat die Mut­ter Kla­ge erhoben.

Nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II ist ein Bedarf für Erst­aus­stat­tung u.a. bei Geburt vom Regel­be­darf nicht umfasst. Aber nach § 24 Abs. 3 Satz 2 SGB II kön­nen Leis­tun­gen für die­sen Bedarf bewil­ligt wer­den. Das kann als Sach- oder Geld­leis­tung, auch in Form von Pau­schal­be­trä­gen gesche­hen (§ 24 Abs. 3 Satz 5 SGB II).

In sei­ner Ent­schei­dung hat das Sozi­al­ge­richt Heil­bronn dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die Erst­aus­stat­tung bei Geburt grund­sätz­lich eine kom­plet­te Baby­aus­stat­tung beinhal­te, die die Befrie­di­gung von ein­fa­chen und grund­le­gen­den Bedürf­nis­sen zulas­se und im unte­ren Seg­ment des Preis­ni­veaus lie­ge. Dabei umfasst die Erst­aus­stat­tung nach der Recht­spre­chung den für einen Säug­ling not­wen­di­gen Haus­rat. Dazu gehö­ren Baby­bet­ten, ein Lauf­stall, Kin­der­hoch­stuhl, Kin­der­wa­gen und auch eine Bade­wan­ne1. Bereits 2005 zähl­te das Sozi­al­ge­richt Ham­burg auch einen Wickel­tisch zur Baby­erst­aus­stat­tung2. Nach dem Sozi­al­ge­richt Heil­bronn ist für Baby­bet­ten dar­über hin­aus nicht nur eine Bett­wä­sche­gar­ni­tur not­wen­dig, son­dern es bedarf einer zwei­ten: Denn die von einem Säug­ling benutz­te Kin­der­bett­wä­sche müs­se hygie­ne­be­dingt beson­ders häu­fig gewech­selt wer­den. Ent­ge­gen der Ein­schät­zung des beklag­ten Job­cen­ters genü­ge ein ein­fa­ches Abde­cken nicht. Durch eine aus­ge­lau­fe­ne Win­del ver­un­rei­nig­te Baby­bet­ten bzw. Baby­bett­wä­sche kön­ne man nicht ledig­lich mit einem Hand­tuch abde­cken. Das sei unzumutbar. 

Außer­dem habe die Mut­ter auch einen Anspruch auf einen Baby­kin­der­sitz. Denn aus­ge­hend vom kon­kre­ten Bedarf des Neu­ge­bo­re­nen, der von sei­nen Groß­el­tern regel­mä­ßig in deren PKW trans­por­tiert wird, kom­me es nicht dar­auf an, dass die Eltern selbst über kein Auto ver­fü­gen. Anders als das beklag­te Job­cen­ter offen­sicht­lich mei­ne, kön­ne der Säug­ling auch nicht im Auto mit einer her­kömm­li­chen Tra­ge­ta­sche eines Kin­der­wa­gens beför­dert wer­den. Denn Kin­der bis zum 12. Lebens­jahr müss­ten im Auto grund­sätz­lich durch beson­de­re Rück­hal­te­sys­te­me, wie hier bei­spiels­wei­se durch einen geeig­ne­ten Auto­ba­by­sitz, geschützt wer­den (§ 21 Abs. 1a StVO).

Aus die­sen Grün­den ist der Kla­ge statt­ge­ge­ben worden. 

Sozi­al­ge­richt Heil­bronn, Urteil vom 28. Juli 2015 – S 11 AS 44/15

  1. LSG Ber­lin-Bran­den­burg, Beschluss vom 03.03.2006 – L 10 B 106/06 AS ER; SG Braun­schweig, Beschluss vom 07.03.2005 – S 18 AS 65/05 ER []
  2. SG Ham­burg, Beschluss vom 23.03.2005 – S 57 AS 125/05 ER []